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Legende vom weißen Fuchs

25. Mai 2011, 16:06pm

Veröffentlicht von asmodeus

G JoyeuseMit der Ortschaft St.-Salvayer, noch mehr aber mit den Höhlen von La Valette, scheint das Schicksal des alten Adelsgeschlechtes der Herzöge von Joyeuse auf eine geheimnisvolle Weise eng verbunden zu sein.  Eine alte Familiensage, die wir hier nacherzählen wollen, bietet uns möglicherweise so manche Aufschlüsse und scheint tief hinein zu führen, in die Geheimnisse, von denen die Höhlen umgeben sind.


chateau joyeuseIn ihrem Château , in Couiza, trafen der Herzog und die Herzogin am Abend vor dem Heiligen Abend ihre Vorbereitungen für das Weihnachtsfest. Der jüngere ihrer beiden Söhne war unterwegs auf einem Jagdausflug, der ihn über Veraza hinaus in das LaValette-Tal führte. 

Was zunächst wie eine typische Sage vom erbarmungslosen Jäger beginnt, dem die Jagd über alles geht, der den Tieren selbst am Weihnachtsfest nachstellt, entwickelt sich jedoch schon bald auf andere Weise weiter. Aus einem anderen Grund also soll sich das sagenhafte Geschehen zu Weihnachten abgespielt haben.
 

Er folgte einem Pfad durch das Dickicht und sah plötzlich einen Fuchs mit weißem Fell, welches golden schimmerte. Doch der Pfeil, den der Jäger auf das Tier abschoss, veränderte auf unerwartete Weise seine Flugbahn.

 

weißer fuchs 2

 

Während in solchen Sagen üblicherweise ein weißer Hirsch auftaucht, seltener ist es auch ein Wildschwein, sieht sich der Jäger hier seltsamerweise einem Fuchs gegenüber. Das ist völlig atypisch und deshalb wahrscheinlich von grundlegender Bedeutung. 

Noch ehe es sein Ziel erreicht hatte, beschrieb das Geschoß einen steilen Bogen gen Himmel Die Hunde verharrten wie gelähmt und das Gefolge wich ängstlich zurück. Dem verdutzten Jäger wurde schnell bewusst, dass die Berge ringsum bevölkert waren von Geistern, Hexen, Riesen und Feen, die, wie die Leute erzählten, in unterirdischen Palästen leben sollen, wo sie unermessliche Schätze bewachten. Zu gewissen Zeiten verließen manche der Geister ihre Wohnstätten, um dann nicht selten Menschen zu schrecken oder sogar zu attackieren. Doch das Jagdfieber hatte ihn gepackt, so dass er den fliehenden Fuchs verfolgte. Die Verfolgung endete zu Füßen eines hohen Felsens, über dem ein Adler seine Kreise zog.

Dieser Adlerfelsen, der "Roche d´Aigle" ist dem Dorf St.-Salvayre vorgelagert. An seiner Basis befinden sich die Eingänge in die Lavalette-Höhlen. 


fee 7

Hier verwandelte sich der Fuchs plötzlich in ein wunderschönes junges Mädchen, gekleidet in ein weißes Gewand mit goldenen Fransen.

Willst du mich, du schöner Jüngling? – fragte ihn die Fee, denn nichts anderes als eine Fee war das junge Mädchen.

Ja, ich will dich, du schönes Mädchen. – antwortete der Jäger.

Dann musst du zuvor mit mir kämpfen und mich besiegen. Stellte die Fee zur Bedingung. Und sogleich ging der junge Bursche zum Angriff über. Die Fee jedoch überwandt den Jüngling mühelos und setzte auch dessen Gefolge außer Gefecht. Es erklang eine Stimme, wie ein Echo und diese Stimme rief: Du bist nicht stark genug, darum verdienst Du meine Schwester nicht. Die Stimme gehörte Maleine, der älteren Schwester der schönen Fee.

Als der Jüngling sich schon mit dem Gedanken abgefunden hatte, dass nun sein letztes Stündlein gekommen sei, bewirtete ihn seine schöne Gegnerin statt dessen mit Brot, Wein, Feigen und Honig.

Wer du auch bist – oh Mädchen, für deine Freundlichkeit sollst du gesegnet sein, sprach erleichtert der junge Mann.

Ich bin Angelina, die jüngere Schwester von Maleine, antwortete ihm das Mädchen. Und du wirst mich von nun an nicht mehr verlassen, denn du gehörst mir.

Hier trägt die Familiensage der Joyeuse nunmehr deutliche Züge der verbreiteten Sagen von den Encadados, wie die Feen hier früher genannt wurden. Wir verweisen dazu auf unseren Artikel in diesem Blog :

 http://schatzsucher.over-blog.de/article-les-encadados-1-70962625.html

Der Herzog und die Herzogin waren während dessen in allergrößter Sorge, als ihr jüngster Sohn am Weihnachtstag noch immer nicht von der Jagd zurückkehrte. Den Heiligen Abend überschatteten Furcht und Verzweiflung für die gesamte Familie. Und am Morgen des ersten Weihnachtstages machte sich der ältere Sohn der Joyeuse auf den Weg, seinen Bruder zu suchen. Unterwegs traf er einen alten Mann mit langem weißem Haar und weißem Bart, der ihn um ein Almosen bat. Der Junge Mann gab ihm einen Ring von seiner Hand, den der alte Mann schweigend annahm und sich stumm entfernte.

gandalf 2Doch kaum hatte der ältere Bruder auf seinem Pferd eine kurze Strecke zurück gelegt, tauchte der Alte plötzlich wieder vor ihm auf und sprach ihn erneut an: Dein Bruder wird von den Feen gefangen gehalten. Sie musst du finden, wenn du deinen Bruder wieder haben willst. Doch hüte dich in dem Zweikampf, zu dem du herausgefordert wirst. Die Fee kannst du nur dann besiegen, wenn es dir gelingt, deinen Daumen unter ihrer linken Brust zwischen die Rippen zu drücken. Dadurch verliert sie ihre Kräfte und du kannst sie überwältigen. Folge dem Weg, den dir ein Schmetterlin, eine Zikade und ein Käfer zeigen werden. Auf Wiedersehen, und viel Glück.

Nach einiger Strecke des Weges gelangte der junge Mann an eine Weggabelung. Unschlüssig, ob er sich nach links oder nach rechts wenden sollte, hielt er inne. Plötzlich krabbelte vor den Hufen seines Pferdes ein Kräfer umher, den ein Schmetterlin umflatterte und dann hüpfte auch schon eine Zikade herbei. Die drei kleinen Tiere schlugen gemeinsam eine Richtung ein und der ältere Bruder folgte ihnen, eingedenk der Ratschläge des alten Mannes. Durch Ginster, Dornenhecken, immergrünes Eichendickicht, über steile Abhänge, bedeckt mit Wacholder, Lavendel und Thymian führten ihn seine kleinen Bundesgenossen, bis in ein tiefes Tal, wo seine drei Freunde plötzlich verschwanden.

fee 5Und dort, in dem Tal, fand er seinen jüngeren Bruder. Doch noch ehe er ihn erreichte, stellte sich ihm die Fee Maleine in den Weg: Geh nicht weiter schöner Jüngling – rief sie ihm zu – wenn Du deinen Bruder wieder haben willst, musst du zuerst mit mir kämpfen und mich besiegen..

Ich will es auf den Versuch ankommen lassen – antwortete ihr der ältere Bruder.

Wenn Du den Kampf gewinnst, wirst du nicht nur deinen Bruder zurück gewinnen, sondern mich und alle meine Schätze obendrein.

Und schon  begann das Ringen, in dem der Jüngling nach kurzem Kampf dem Rat des Alten folgend, seinen Daumen unter der linken Brust Maleines zwischen deren Rippen presste. Sofort erbleichte die Fee, stürzte zu Boden und flüsterte: Du hast mich besiegt! Überrascht von dem schnellen Sieg, hob der junge Mann die Fee vom Boden auf.

Ich habe dir mein Wort gegeben und das will ich nun auch einlösen – sprach die Fee. Ich gehöre jetzt Dir, wenn du mich willst.

In dem gleichen Augenblick erschien Angelina, die jüngere Fee, mit Brot, Wein, Feigen und Honig. Ich bin die Herrin deines Bruders – stellte sie sich selbst vor.

Und hier ist mein Überwinder – erwiderte darauf die Fee Maleine – auf den älteren Bruder zeigend.

Sie hatten alle Gefallen aneinander gefunden und machten sich nunmehr gemeinsam auf den Weg nach Couiza, ins Château der Joyeuse.

Was bringt ihr für wunderschöne Mädchen heim? – fragte der Herzog seine Söhne bei deren Ankunft.

Das sind unsere Bräute, mein Vater, wenn ihr nichts dagegen einzuwenden  habt.

Beim Heiligen Denis, außer eurer Mutter, habe ich noch niemals so schöne Mädchen gesehen. Ich beglückwünsche euch zu eurer Wahl. Aber nachdem wir eine so traurige Weihnachtsnacht durchlebt haben, wollen wir heute eure Rückkehr und die Verlobung bei einem guten Abendessen feiern.

 

Tanz der Joyeuse Hochzeit von Anne mit Marguerite -Kopie-1Die Freude über die glückliche Heimkehr der Söhne und die Bewunderung für die wunderschönen Bräute von offenbar hoher Abkunft, sorgten dafür, dass die Feier zu einem richtigen Fest für die ganze Familie wurde. Seinen Höhepunkt erreichte das Fest, als es gegen Mitternacht sanft gegen die Tür klopfte.

Wer ist da draußen? – Was wollt ihr?


trolle mit trogEs waren die kleinen Diener der Feen. Sie kamen, um ihnen die Schätze zu bringen. Fackeln in der einen Hand und in der anderen, hier eine Kiste, dort einen Sack, Truhen, Schalen und Vasen legten die Kobolde zu Füßen der Familie nieder. Die wunderte sich nicht schlecht über jene seltsame Dienerschaft – kleine Kobolde mit Kindergesichtern und Froschschenkeln. Doch über dem Glanz von Diamanten, Perlen, Gold, Silber, edlem Geschmeide und seidenen Gewändern, verblasste der befremdliche Eindruck schnell.


riese 1Auf einmal ertönte furchterregender Lärm vor dem Tor, welches kurz darauf krachend aufflog. Ein Riese dessen Augen rot unter einer mächtigen von Zornesfalten gefurchten Stirn glühten, stürmte brüllend und grollend in den Saal. Die Fackeln verlöschten. Furcht und Entsetzen breiteten sich in dem großen Saal aus.

Vater, Vater! Erbarme dich! – rief Angelina. Wir folgen dir! Wir wollen gehorchen! Aber fügt diesen Menschen kein Leid zu!

Lasst euch nicht täuschen – ließ sich eine weitere unbekannte Stimme vernehmen.

Dann wurden die Fackeln wieder angezündet. Vor der Tafel im Saal stand ein alter Mann mit weißem Haar und weißem Bart, der seine Hände erhoben hatte, wie um die Gesellschaft zu schützen, während die Kobolde wieder alle Schätze einsammelten. Der Riese sagte kein Wort. Er schlug die Feen auf ihre Schultern, verschonte aber aller Leben.


fee 3Kaum war der größte Schrecken von den Joyeuse gewichen, vermissten die beiden Brüder ihre Jungen Frauen. Die Plätze neben ihnen waren leer, aber sie sahen gerade noch drei weiße Füchse mit goldenen Fransen im Pelz durch das Portal aus dem Saal huschen, im geschmeidigen Sprung über den Graben setzen und im Dunkel der Nacht verschwinden.

Der alte, weißhaarige Bettler folgte den Füchsen nach. Um seinen Kopf leuchtete ein Heiligenschein.

                                                                  gandalf 1

 

asmodeus

 

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