Overblog
Edit post Folge diesem Blog Administration + Create my blog
schatzsucher.over-blog.de

Eine neue Spur im Tal der Sals Teil 2

25. Januar 2012, 00:51am

Veröffentlicht von asmodeus

Die edle Kunst der Glasherstellung

Wo ich da welche möglichen Bezüge zwischen Boudets Andeutungen und La Veiraria vermute, sollte ich vielleicht etwas ausführlicher bringen. Denn es ist eher nach zu vollziehen, wenn man mehr über bestimmte Eigenheiten in dem Metier weiss, dass hier eine Rolle spielt.

Und die Glasmacher im Salstal könnten in dem Rätselraten um RLC grundsätzlich eine Rolle spielen. Diese Möglichkeit kann man schlechterdings nicht von vornherein ausschliessen. Dass sie aber in der Region eine ganz und gar nicht unbedeutende Rolle spielten, davon kann man ohne weiteres ausgehen.

Man muss sich einfach mal vergegenwärtigen welchen hohen Rang sie in der mittelalterlichen Gesellschaft einnahmen und welche Ausnahmestellung sie in der vorindustriellen Epoche immer noch innehatten. Die Waldglashüttenleute waren nicht irgendwelche Proleten, auch nicht einfache Handwerker oder beliebige Untertanen. Von König Johann II von Lothringen, waren sie mit Privilegien ausgestattet worden, die sie praktisch dem Adel gleich stellten. Die Glashüttenkonzession war natürlich kein Adelspatent, aber die Rechte, die sich daraus ableiteten, stellten einen Glasmacher einem Adligen gleich. Und umgekehrt durfte ein Adliger den Beruf eines Glasmachers ausüben, ohne dadurch die Standesregeln zu verletzen. Die Privilegien der Glasmacher gingen in manchem sogar noch über die des Adels hinaus, und sie galten nicht bloss für den Meister, den Hüttenherren, sondern für alle Männer, die in der Hütte am Glasherstellungsprozess unmittelbar arbeiteten. Sie waren von Steuern befreit, durften das Schwert und den bestickten Hut tragen, Pferde zur Jagd und Jagdhunde halten, waren von Einquartierungen befreit, und mit Chevalier (also Ritter) anzureden.

Glasmacher-Wappen Wappen von Glasmacherfamilien im Languedoc

Es existieren leider keine Urkunden aus der Zeit, als die Glasmacherei ihren Aufschwung in Frankreich begann. Glasmacher gab es hier sicherlich schon lange Zeit zuvor. Erst als Glasmacher aus Böhmen und aus Deutschland angeworben wurden, ging das mit so überaus verlockenden Angeboten einher. In Böhmen und in D war die Zunft ja ebenfalls privilegiert. Um solche gefragten Spezialisten aus ihrer Heimat abzuwerben, mussten zwangsläufig deutlich attraktivere Bedingungen in Aussicht gestellt werden.

Man geht im Allgemeinen davon aus, dass die böhmischen Glasmacher unter dem Heiligen Louis (1214 bis 1270) angeworben worden seien.

Für Rennologen schon mal ein kleines Aha-Erlebnis, weil wir auf diese Weise ganz plötzlich ganz nahe heran geraten, an Blanche de Castille, die Mutter von Ludwig dem Heiligen. Dem messe ich jedoch erst mal keine Bedeutung weiter bei, weil sich im Verlaufe meiner bisherigen (jahrelangen) Recherchen, nichts weiter ergab, was auf einen möglichen Zusammenhang zwischen den Glasmachern im Languedoc und Blache de Castille hindeuten würde. Zumal manche Historiker die Einwanderung der Böhmen erst unter Ludwigs Nachfolger, Philipp III dem Kühnen (1270 bis 1285) sehen möchten. Grund: In einer Urkunde erwähnte der Kammerherr des Königs, Ignace Chretien: „...weil sie ihr Blut vergossen haben und ihr Vermögen verloren, soll diesen edlen Männer nach ihrem Schiffbruch vom König eine Planke gereicht werden.“

Philipp hatte auf Seiten des böhmischen Königs Wenzel gegen die Habsburger gekämpft und scheint dabei mit böhmischen Glasmachern, die als Ritter im Gefolge Wenzels stritten, in Berührung gekommen sein. Die Berührung wird vermutlich darin bestanden haben, dass sie den Kühnen Philipp aus irgend einem Schlamassel heraushauten, oder sich auf eine andere Weise besonders um ihn verdient gemacht haben.

Auch dass des Königs Kammerherr ausgerechnet Ignace hiess und in Paris lebte – folglich gut und gerne im Volke „Ignace de Paris“ genannt worden sein kann – muss rein gar nichts zu bedeuten haben.

Und es muss eben so wenig von Bedeutung sein, dass Philippe der Kühne, im Jahr 1330, einem gewissen Chevalier de Carzerey (der gleichfalls Philippe hiess) das „pouvoirpar“ (Konzession/Privileg) für eine Glashütte nahe Bezu erteilte. Der Name dieser Glashütte lautete: Den Haag – aaaaber, Wermutstropfen für Rennologen – der Ort Bezu, mit der Hütte „Den Haag“ liegt in der Normandie. So viel soll jedenfalls aus den betreffenden Urkunden hervorgehen. In dieser Hütte wurde Flachglas hergestellt und damit dürfte es sich tatsächlich um eine andere gehandelt haben, als die, im Wald von Bournasset.

Eines der ältesten Privilegien, welches den Glasmachern verliehen wurde, ist in einer Urkunde vom 24. Januar 1399 festgeschrieben: „Rechte und Privilegien werden allen Leuten verliehen, die an den Glasöfen arbeiten. Den Edlen von Geburt wird die Erlaubnis erteilt, das Metier der Glasmacher zu ergreifen, ohne von ihrem edlen Rang abzuweichen.“ Unterzeichnet von König Charles VII (1483 bis 1498 – Regentschaft).

Im Jahr 1448 wurden vier Glasmacherfamilien mit Privilegien ausgestatt, die den oben genannten glichen, aber auch noch Befreiung von allen Zöllen und Wegegeldern vorsahen.

So manche Glasmachersippe gelangte zu Reichtum, Macht und Ansehen, wovon beispielsweise Cháteau d`Lichecourt, in Relanges, bei Darney (Vogesen), Zeugnis ablegt – Sitz eines alten Glasmachergeschlechts im 15./16.Jh.

1276549

Der Name einer dieser Familien, Hennezel, findet sich übrigens unter den alten Glasmacher-geschlechtern im Languedoc wieder.

Selbige lebten bis gegen Ende des 16.Jh. als echte Patriarchen. Ihre, inmitten tiefer Wälder, errichteten Wohnsitze glichen eher den Hütten von Köhlern oder Holzfällern, als denen der Herren. Eine allgemeine Feststellung, die auf die Glasmacher im Wald von Bournasset auf keinen Fall zutrifft. Die noch relativ gut erhaltene Ruine von La Verrerie ist ein veritables Gutshaus gewesen. Allerdings brachte es das Gewerbe zwangsläufig mit sich, dass sich die Glasmacher wohl nur die wenigste Zeit in diesem Haus aufhielten. Hier lebte und wirtschaftete die Familie, während die Männer draussen, in den Wäldern, bei den Öfen ihrer schweren Arbeit nachgingen. Beständige Permanente Suche nach geeignetem Brennholz, Bau und Unterhaltung der Öfen, Transport und Verkauf der Glasprodukte usw., das war gleichbedeutend mit einem Leben in Camps und einfachen Hütten. Schwierig genug, sich das reale Leben der Glasmacher, vor allen Dingen in seiner völligen Widersprüchlichkeit vorzustellen. Hart arbeitende Männer, die ein wildes Waldleben führten, dabei aber den Herren gleichgestellt. Mit sogar noch mehr Freiheiten und Rechten versehen, als die Grundherren, unterstanden sie einzig und allein ihrer eigenen Gerichtsbarkeit. In zivilen, wie auch in strafrechtlichen Angelegenheiten, entschied ihr eigener Kapitän (Probst), am Sitz ihrer eigenen Ratsversammlung, in Sommières.

Verrerie Fourtou (29)klein"La Verrerie" Ruine des Gutshauses der Glasmacher, im Wald von Bournasset, bei Fourtou

So viel sich über die Geschichte der Glasmacher In Frankreich noch sagen liesse, so gerne ich das auch täte, und so bestimmt das auch erzählt werden sollte, kann das hier gesagte wenigstens hinreichend klar werden lassen, dass eine sehr wichtige Komponente im Umfeld von RLC bisher völlig unterbelichtet geblieben ist. Ob die Glasmacher von Bournasset in die Affäre Saunière verwickelt gewesen sind, muss zunächst noch offen bleiben. Man sollte die Frage aber, meiner Meinung nach, endlich zu klären versuchen. Und mit diesem Beitrag möchte ich lediglich einen weiteren Anstoss in die Richtung geben.

Verrerie Fourtou (35)klein"La Verrerie, innen

Z.B., um auf eventuell vorhandene Bezüge, mögliche Anspielungen Boudets zurück zu kommen:

Was kann der gute Abbe denn nun tatsächlich mit seiner „trink-bouteille“ gemeint haben?

Eines der unzähligen Ruisseau, in der Umgebung von RLB. Davon darf ja wohl ausgegangen werden und davon wird ja gemeinhin auch ausgegangen.

Warum aber glaubt man sich ebenso gemeinhin, also beinahe ausnahmslos sicher sein zu dürfen, dass Boudet ausgerechnet das Ruisseau bei L`Homme Mort meinte? Oder meinetwegen auch Les Breiches?

Les Breiches ist wenigstens überhaupt mit einem Namen auf der IGN eingetragen, während die allermeisten anderen Ruisseau ganz einfach namenlos sind. Nun trägt aber Les Breiches schon einen Namen und der hat mit „trink-bouteille“ ganz und gar nichts gemein. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass Boudet unsere Aufmerksamkeit auf Les Breiches lenken wollte. Dmit stehen wir aber vor dem nicht gerade kleinen Problem, dass dann eigentlich jedes namenlose Ruisseau als die „trink-bouteille“ infrage käme. Das kann es ja aber der Weisheit letzter Schluss auch nicht sein. Die Lösung des Rätsels kann an und für sich nur in der Namenskreation des Abbe selbst verborgen sein, denke ich.

Verrerie Fourtou (8)klein Felsformation, nahe bei der alten Glashütte

Nun findet sich unter den Überlieferungen und Traditionen der gentilshommes de Languedoc folgende kleine anekdotenhafte Erzählung:

In der Nähe des Ofens herrschte eine fürchterliche Hitze und das Glasblasen dörrte Luftröhre und Lungen förmlich aus.. Daher war es üblich, unweit vom Ofen, ein buffet einzurichten, oder zumindest für ausreichende Trinkgelegenheit zu sorgen. Weil regelmässige Flüssigkeitsaufnahme von elementarer Bedeutung für die Männer an den Öfen gewesen ist, sie wahrscheinlich ständig von Durst geplagt waren, nahm das Trinken einen zentralen Platz in ihrem Tagesablauf, in ihrem Arbeitsleben ein. Darum bildeten sich bestimmte Sitten, Bräuche, Rituale, wie man sie auch auf dem Bau, im Bergwerk, beim Militär usw. beobachten kann. Für Getränkenachschub waren die kleinen Heizer zuständig, welche zu jeder vollen Stunde ein kleines Lied mehr brüllten als sangen: „Für diese Chevaliers zu trinken!“ – indem sie den Namen von jenem Mann hinzufügten, der an der Reihe war das Getränk herbei zu tragen.

So weit die Überlieferung. Im Wald von Bournasset dagegen könnte der Ruf gelautet haben: „trink-bouteille“ – denn nicht zu vergessen, dort waren deutschstämmige Glasmacher ansässig... Denen lieferte das heutige ruisseau das Trinkwasser für La Verrerie. Und wie werden die ihren Bach wohl genannt haben?

Verrerie Fourtou (36)klein "La Verrerie", innen

Dass der Pfarrer von RLB den Umgang den seigneurs und den chevaliers der Umgegend pflegte, versteht sich von selbst. Ist ja von Boudet auch bekannt.

Kurz und gut, es könnte vielleicht lohnenswert sein, bei La Verrerie und La Veiraria umher zu schnuppern.

 asmodeus

Verrerie Fourtou (39)klein

Blick vom Felsen, oberhalb der alten Glashütte, auf die Stelle, an der sich, laut Michel Vallet, der Zugang zum Schatzdepot der Wisigoten befinden soll...

zum Video bitte das Bild anklicken...

 

Kommentiere diesen Post